Ab Juni 2020 ergänzen Interventionen im öffentlichen Raum das Museum der Geschichte des Nordwestbahnhofs in Form von fiktiven Unterabteilungen: Die Abteilung für Community Outreach verknüpft im Projekt "Wien. Fisch Geschichte(n)", über eine Serie von performativen Stadtspaziergängen, das Stadtentwicklungsgebiet historisch/ thematisch wie geographisch mit „fischrelevanten“ Orten Wiens. Die Abteilung für Stadtgeschichte weist über eine zweiteilige Intervention am Bahnhofsareal auf ein an diesem Ort kulminierendes Paradoxon in Bezug auf die Geschichte der Wiener Juden und Jüdinnen hin.
Seit Sommer 2015 betreibt der Verein Tracing Spaces einen Projektraum am Nordwestbahnhof, dem letzten innerstädtischen Logistikknoten Wiens. Eingebettet in das soziale Milieu der Logistiklandschaft wurde und wird sukzessive eine mehrschichtige multimediale Kartografie der Migrations- und Mobilitäts-Erfahrungen von hier tätigen Akteuren erstellt.
1. Abteilung für Community Outreach – Fish Story
mit Theresa Hattinger (TheHat) und Matthäus Bär
Es wird zu einer Ausstellung am Nordwestbahnhof sowie zu vier performativen Exkursionen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln, multikonfessionellen Prozessionsgeräten und Pop-Up Ausstellungen geladen. In diesen werden verschiedene fischrelevante „Stationen“ der Stadt Wien kommentiert und befragt: die ehemaligen Lebensräume der Wiener Fische in Donaukanal und Donau, Fischerei-Reviere und -Vereine, historische Fisch-Märkte, Fisch-Fabriken, Fisch-Händler und -Lokale, und schließlich auch eiskalte Fisch-Großhandelslager und Fischfriedhöfe an den Peripherien der Stadt. Auf diese Weise werden Aspekte der baulichen, sozialen und kulturellen Transformation der Stadt anhand von Orten des Fisch-Fangs, -Handels und dessen Verarbeitung reflektiert.
Mit Gastbeiträgen von Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Expert*innen des Alltags.
MUSEUM Nordwestbahnhof (GESCHLOSSEN)
Nordwestbahnstraße 16 A, 1200 Wien (ehemalige Bahnbus-Leitstelle)
Die Ausstellung und Interventionen am Areal sind nach Eröffnung kostenlos zu besichtigen. Das Museum darf nur mit Mund-Nasen-Schutz betreten werden.
Öffnungszeiten und Führungen: Donnerstags und Freitags 15:00 bis 19:00 Uhr sowie nach Vereinbarung via office@tracingspaces.net oder +43 699 12358298
Geöffnet bis 30. Oktober 2020. Wiederaufnahme im Frühjahr 2021 geplant.
Erreichbarkeit: U6 (Dresdnerstraße); Straßenbahn 5 (Rauscherstraße); Bus 5A (Brigittagasse)
Veranstaltungen
Begrenzte Teilnehmer*innen-Zahl - verbindliche Anmeldung (ausgenommen der Ausstellungseröffnung) erforderlich! Anmeldung unter: office@tracingspaces.net oder +43 699 12358298
2. Abteilung für Stadtgeschichte – Jüdische Geschichte vor Ort
In einer mehrteiligen Intervention am Rande des Nordwestbahnhof-Areals wird auf ein an diesem Ort kulminierendes Paradoxon der Geschichte der Wiener Juden und Jüdinnen hingewiesen: Für die Dreharbeiten des Kino-Films „Die Stadt ohne Juden“ wurde das Kopfbahnhofsgebäude 1924 als Filmstudio und -set adaptiert, um hier die fiktive Deportation von Wiener Juden und Jüdinnen zu drehen. Die Deportation in diesem Film war allerdings noch als eine vorübergehende gedacht. Am Ende des Filmes dürfen die Wiener Jüdinnen und Juden unversehrt in ihre Stadt zurückkehren.
Nur wenige Jahre später, nach dem Anschluss an Nazi-Deutschland 1938, wurde dieselbe Bahnhofshalle zum Standort der rassistischen NS-Propaganda-Ausstellung „Der Ewige Jude“. Diese hätte auch an einem prominenteren Ort in zentralerer Lage gezeigt werden können. Doch perfider Weise wurde dazu gezielt eine Halle im zweiten Bezirk gewählt. Dieser Stadtteil wies damals die höchste Bevölkerungsdichte von Juden und Jüdinnen auf. Besucher und Besucherinnen, die sich die Ausstellung ansehen wollten oder mussten, reisten mit der Strassenbahn durch diesen Stadtteil an und nach der verhetzenden Wirkung der Ausstellung wieder durch denselben Stadtteil ab – mit Blick auf die Bevölkerungsgruppe, die – im Film wie in der NS-Propaganda – für alles Übel verantwortlich gemacht wurde.
Ergänzend thematisiert das Projekt die Geschichte zu mehreren Phasen von Einlagerungen sowie Transporten der Habseligkeiten und Gütern von ab 1938 fliehenden Juden und Jüdinnen bezogen auf den Bahnhof (bspw. über Hamburg in die USA und in den 1970ern von Russland über Wien nach Israel).
Ort
Nordwestbahnstraße 16 A, 1200 Wien
Galerie
Weiterführende Info
Teilnehmende Künstler:
Tracing Spaces - Michael Hieslmair und Michael Zinganel
- Michael Hieslmair, *1974, lebt in Wien.
- Michael Zinganel, *1960, lebt in Wien.
Homepage: https://aufundzu.tracingspaces.net/
Lauschen Sie dem Titelsong zum ersten Teil, "Fische in der Stadt", von Matthäus Bär!
Auf unserem Youtube-Kanal finden Sie auch den Artist Talk der Tracing Spaces mit Barbara Steiner, der im Rahmen der Vienna Art Week stattfand!
Auf- und Zugeschüttet - Lebensformen und Zwischennutzungen über und unter dem NordwestbahnhofTracing Spaces
Zeitraum
Juni 2020 bis 2021
Termine
- Eröffnungsfest des MUSEUM Nordwestbahnhof Samstag, 20. Juni 2020 / 18:00 - 21:00
- AUSGEBUCHT: Fischzug zu Fischgrab und Fischfabrik Nordwestbahnhof Samstag, 20. Juni 2020 / 16:00 - 18:00
- AUSGEBUCHT! Wiener Fisch-Prozession Freitag, 26. Juni 2020 / 15:00 - 18:00
- AUSGEBUCHT! Zweites Eröffnungsfest des MUSEUM Nordwestbahnhof Samstag, 27. Juni 2020 / 18:00 - 21:00
- AUSGEBUCHT! 2. Fischzug zu Fischgrab und Fischfabrik Nordwestbahnhof Samstag, 27. Juni 2020 / 16:00 - 18:00
- Fischzug zu Fischgrab und Fischfabrik Nordwestbahnhof Freitag, 25. September 2020 / 16:00 - 18:00
- Fischfest im Garten des MUSEUM NORDWESTBAHNHOF Freitag, 25. September 2020 / 18:00 - 21:00
- AUSGEBUCHT: Wiener Fisch-Prozession durch die Innenstadt Freitag, 2. Oktober 2020 / 15:00 - 18:00
- Schiffstaufe der MS-Nordwestbahnhof mit Ausstellungs- und Filmprogramm Freitag, 9. Oktober 2020 / 17:00 - 21:00
- Vortrag ÖGFA Dienstag, 20. Oktober 2020 / 19:00
- Motorisierte Wallfahrt zum großen Prater-Walfisch Freitag, 23. Oktober 2020 / 15:00 - 18:00
- Artist Talk Vienna Art Week Freitag, 20. November 2020 / 15:00 - 16:00
Presse
Links
Titelsong "Fische in der Stadt" von Matthäus Bär
Artist Talk mit Barbara Steiner, Vienna Art Week