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Warten auf Vögel IVJosef Bernhardt

Warten auf Vögel IV

Josef Bernhardts 2004 begonnene, mittlerweile 12-teilige Werkreihe Warten auf Vögel besteht aus Vogelnistkästen, die in unterschiedlicher Größe, Anzahl und Anordnung im urbanen Raum aufgestellt werden. Die Variante von im 1:1-Format gebauten und auf Stangen stehenden Nistkästen entspricht durchaus den Ansprüchen von Höhlenbrütern (etwa Meisen, Staren …) – ob diese dort aber wirklich Nester einrichten werden, erscheint fraglich: zu „naturfern“ wirkt sowohl ihre über einem Reißbrettraster dicht an dicht errichtete Siedlungs-Struktur (18 x 18 = 324 Häuschen etwa bei Warten auf Vögel VII, 2010) als auch deren verkehrsintensive Umgebung. Aber wer weiß – in Sachen Anpassungsfähigkeit ist die Natur uns immer noch überlegen, vielleicht nistet sich also doch wer ein hier, wo es weit und breit keine echten Baumhöhlen gibt?

Aber: wer soll kommen? Faktum ist, dass die Bestände der in den Agrarlandschaften Europas heimischen Brutvogelarten zwischen 1980 und 2009 um 50 Prozent abgenommen haben und seit den 1990er Jahren fast jede achte heimische Vogelart vom Aussterben bedroht ist. Das „Warten auf Vögel“ wird daher eher Godot‘sche Dimensionen annehmen als dem Prinzip Hoffnung Auftrieb zu geben.

Josef Bernhardts Installationen winken indes nicht zaunpfahlartig für den Vogelschutz – dafür ist ihr Prozentsatz an ironischen Ingredienzien sichtlich zu hoch. Vielmehr bedient er sich einer wohl dosierten Mischung aus 1.) rational regulär erscheinenden und 2.) emotional irregulär wirkenden Substanzen, um die letztlich fatale Absurdität des Umgangs des anthropozänen Menschen mit der Natur zu veranschaulichen.

Bisweilen macht er das zivilisationsgeschichtlich tief gespaltene Verhältnis zwischen Mensch und Tier (hier exemplarisch vertreten durch den Vogel – ein bekanntermaßen besonders intelligentes Lebewesen) sogar direkt „begreifbar“, indem er deren Positionen gleichsam umkehrt: So wurden in Warten auf Vögel VI – innen und außen (2010, Wohnpark OASE22, Wien) nur fünf Vogelnistkästen – dafür in zehnfacher Vergrößerung – installiert. Während drei dieser Kästen in luftiger Höhe wiederum auf Vögel warteten, wurden zwei andere auf einem Sockel am Boden platziert und mit Türen versehen, um die Bewohner- und Besucher/innen der Anlage eintreten lassen zu können. Wer sich im Inneren befand, konnte durch das in Augenhöhe befindliche „Einflugloch“ einen Blick aus dem Nistkasten ins Freie werfen – und nahm damit also außer der Position eines Vogels auch dessen Sichtweise ein. Ein solcher Nistkasten wurde 2014 auch im Ludwig Museum in Budapest gezeigt.

Warten auf Vögel IV belässt den Menschen wieder in der Rolle des außenstehenden Betrachters und gibt ihm als solchem viel Zeit. Im Gegensatz nämlich zu seinen temporären Vorgängerprojekten Warten auf Vögel III (installiert im Frühling 2008 am damaligen KÖR-Skulpturenplatz der Kunsthalle Wien Karlsplatz) und VIII (Budapest, Art on Lake, 2011) erhält # IV mit seinem Aufstellungsplatz im 3. Bezirk zugleich auch einen permanenten Standort. Für die Erhaltung dieser nun fixen künstlerischen Intervention im öffentlichen Raum sorgt die Kulturabteilung der Stadt Wien (MA7), sodass zu erwarten ist, dass Josef Bernhardts Warten auf Vögel IV wenn schon nicht von Vogelschwärmen, doch umso mehr von Wientouristen aus aller Welt heimgesucht werden wird.

Text: Lucas Gehrmann, 2017

Ort

Ecke Erdbergstraße/Kundmanngasse 30, 1030 Wien

Weiterführende Info

Künstler
Josef Bernhardt

*1960 in Eisenstadt (AT), lebt und arbeitet in Forchtenstein (AT)
josefbernhardt.com

Es handelt sich bei dem Werk um eine Neuaufstellung eines Projekts aus 2009.
ZUM PROJEKT 2009

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Warten auf Vögel IVJosef Bernhardt

Zeitraum

Seit 13. September 2017

U3 Rochusgasse

Neuaufstellung des Projekts aus 2009

99 Teile je 225 cm, 14x14 cm
Lasurfarbe auf Lärchenholz, Edelstahlkonstruktion

Vermittlung - Veranstaltungen

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Kooperationspartner