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[ transkription ]Maria Theresia Litschauer

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Die Wiener Gemeindebauten sind Symbole der kommunalen Anstrengung, Wohnraum zu schaffen und die Lebensumstände unterprivilegierter Bevölkerungsschichten zu verbessern. Heute gelten sie in ihrer architektonischen Vielfalt als sichtbarer Ausweis des politischen Wirkens im „Roten Wien“. Während der NS-Zeit wurden die Gemeindebauten im Sinne der herrschenden totalitären Ideologie vereinnahmt und „umcodiert“. Durch Skulpturen, Reliefs und andere Applikationen an den Fassaden versuchte das Regime den Gebäuden einen „völkischen Charakter“ aufzuprägen.

Auch an der Außenfront des Thury-Hofes befindet sich seit Jahrzehnten eine Plastik des Bildhauers Alfred Crepaz, die vermutlich 1939 dort angebracht wurde und deren Inschrift die NS-Tugenden Pflicht, Treue und Heroismus beschwört: „Wir bitten Dich Herrgott, laß uns niemals wankend werden und feige sein, laß uns niemals die Pflicht vergessen die wir übernommen haben“. Die Signatur von Adolf Hitler, dem Urheber des Zitats, wurde zwar nach Kriegsende entfernt, die Schrifttafel jedoch blieb bis heute erhalten. Ebenso die lebensgroße Terrakottafigur eines kraftstrotzenden Recken mit stolz erhobenem Haupt, dessen Hände ein Schwert umklammern.

Die künstlerische Auseinandersetzung von Maria Theresia Litschauer mit der Präsenz von NS-Ikonographie auf einer städtischen Wohnhausanlage zielt auf eine historisch-gesellschaftspolitische Kontextualisierung: Es geht nicht darum, Spuren der Geschichte zu beseitigen und damit die Erinnerung an die grauenvollste Epoche des 20. Jahrhunderts zu tilgen, sondern durch zusätzliche Informationen über das Schicksal der jüdischen Opfer und der Vertriebenen aus dem Thuryhof eine Vorstellung von dem Riss durch die Gesellschaft zu geben, der auf der mikropolitischen Ebene des alltäglichen Zusammenlebens erlebt und erlitten wurde.

Eine eckige Klammer umschließt die Terrakotta-Figur und Inschrift an der Fassade des Thury-Hofs. Ein Betonband verläuft vom Fuße der Skulptur drei Meter über den Vorplatz des Gemeindebaus auf eine Schrifttafel aus Glas zu, die eine kurze Dokumentation der Geschichte des Thury-Hofs während der Zeit des Nationalsozialismus, des Schicksals seiner jüdischen Bewohner sowie eine Interpretation der Skulptur von Alfred Crepaz trägt.

Mittels der drei Elemente Zeichen, Betonband und Schrifttafel wird der ideologische Hintergrund dieser völkisch konnotierten Statue ebenso kritisch thematisiert, wie das lesbare Hitler-Zitat aus 1933 bewusst gemacht wird. 1945 war nur der Name des Autors getilgt worden, eine Vorgangsweise, die symbolisch für die „Schlussstrich-Tendenz“ und die inhaltlichen Kontinuitäten in der Nachkriegszeit steht.

Die Künstlerin will mit ihrer [ transkription ] das Gegenteil erreichen. Sie will nicht verdecken, sondern zur Reflexion hinführen sowie die isolierte Interpretation dieser Arbeit aus der nationalsozialistischen Zeit erweitern und das Schicksal der vertriebenen und ermordeten jüdischen BewohnerInnen des Thury-Hofes nach umfangreichen Recherchen in Erinnerung rufen. Damit schafft das Kunstwerk von Maria Theresia Litschauer eine Brücke in die Gegenwart und zum kommunikativen Gedächtnis der heutigen und künftigen BewohnerInnen des Thury-Hofes.

Ort

Marktgasse 3-7, 1090 Wien, Österreich

Weiterführende Info

Künstlerin
Maria Theresia Litschauer

*1950 in Waldenstein (AT), lebt und arbeitet in Wien.
mt-litschauer.at

Dieses Projekt wurde im Rahmen eines künstlerischen Wettbewerbs als Siegerprojekt gekürt. Für mehr Informationen folgen Sie diesem Link:

ZUM WETTBEWERB

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[ transkription ]Maria Theresia Litschauer

Zeitraum

Februar 2009 bis Februar 2010

Straßenbahn 5, 33, 37 Nußdorfer Straße/Alserbachstraße

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