Der Gemeindebau NEU in der Laxenburger Straße 4/4A ist der zweite Gemeindebau, für dessen künstlerische Gestaltung ein Wettbewerb von KÖR Wien und WIGEBA ausgeschrieben wurde. Die neue Wohnhausanlage wird dem Musiker und Menschenrechtsaktivisten Willi Resetarits gewidmet. Für die Gestaltung mittels Malerei stand die 6-stöckige Fassadenfläche Richtung Columbusplatz im Osten mit möglicher Erweiterung um die Ecke Richtung Norden wie auch die Deckenuntersicht im ebenerdigen Durchgangsbereich zur Verfügung. Mit der künstlerischen Gestaltung soll an der Fassade und im Eingangsbereich ein Erkennungszeichen gesetzt werden, das dem Ort eine unverwechselbare Identität gibt und an das Leben und Schaffen von Willi Resetarits erinnert. Der Wettbewerb wurde als geladenes, einstufiges Realisierungsverfahren durchgeführt.
Die fünfköpfige Jury hat sich am 16. Mai 2024 für den Entwurf von Johanna Kandl entschieden.
Johanna Kandl, „Be a mensch“
Die große Leistung der Künstlerin ist es, ein abstraktes Portrait von Willi Resetarits zu schaffen, das Musik, Sprache und soziales Engagement miteinander verbindet. Indem sie den Begriff „Mensch“ ins Zentrum stellt und durch die Vielsprachigkeit auch auf die Diversität der Wiener*innen verweist, bettet die Künstlerin Willi Resetarits in jene Gesellschaft ein, für die dieser eingestanden ist. Auf einfache und generationsübergreifend lesbare wie eindrückliche Weise gelingt es Johanna Kandl, ein Bild des Musikers und Menschenrechtsaktivisten zu zeichnen, der nicht nur die kulturelle, sondern auch die gesellschaftliche und politische Wirklichkeit in Österreich mitgestaltete, der es wie kaum ein anderer verstand, unterschiedliche gesellschaftliche Schichten und kulturelle Gruppen miteinander zu verbinden und der so generationsübergreifend zu einer moralischen Instanz für Zivilcourage und die Rechte aller Menschen in Österreich wurde.
--- Statement der Jury
Weitere Wettbewerbsbeiträge
Franz Graf, o. T.
Franz Graf nimmt die positive Strahlkraft von Willi Resetarits Schaffen in die formale Gestaltung seines Entwurfs auf. Bunte Farbstrahlen an der Hauptfassade deuten mit der Spitze in den zehnten Bezirk hinein. An der nordöstlichen Ecke der Fassade werden die Zacken gespiegelt und in anderer Farbe und Länge an der Nordfassade wiederholt, wie zwei anders aneinander gesetzte Seiten eines komplexeren Backgammon-Spielbretts. Die musikalisch anmutende Komposition orientiert sich an der Anordnung von Fenstern und Balkonen. Auf der Untersicht der Auskragung befinden sich farbige Rauten, die strahlenförmig von der Nord-Ost-Ecke ausgehen. An der Decke des Eingangsbereichs bündeln sich Farbstrahlen um die dritte von vier Säulen. Von dort aus weisen sie in Richtung Innenhof und Gebäudeinneres. Bestehende Elemente der Architektur werden bewusst in die Gestaltung aufgenommen und durch diese verstärkt. Farbwahl und Zeichnung schaffen Bezüge zu historischen Fassadengestaltungen des Wiener Wohnbaus, etwa der 1950er und 1960er Jahre.
Susi Jirkuff, o. T.
Susi Jirkuff konzentriert ihren Entwurf auf zwei Aspekte von Willi Resetarits Wirken – die Musik und die Menschlichkeit. Die grafische Umrisslinie einer Gibson-Gitarre teilt die Hauptfassade diagonal in zwei Bereiche. Am Körper der Gitarre steht auf weißem Untergrund in grauen Blockbuchstaben „BE A MENSCH“. Im Jiddischen ist „Mensch“ eine ehrliche, integre Person. Die Fläche außerhalb der Umrisslinie und ein Streifen der Fassade um die Ecke sind grün. An der Untersicht der Auskragung setzt sich die Trennlinie fort, links davon ist die Wand weiß und rechts grün, was die Dreidimensionalität des Baukörpers unterstreicht. An der Decke im Eingangsbereich überlagern farbige Konturen und Flächen einer Bass- und E-Gitarre die gemalte Collage aus schwarz-weißen fragmentierten Konzertplakaten, die teilweise bereits wieder überklebt wurden. Darunter kann eines von Kurt Ostbahn entdeckt werden.
Claudia Märzendorfer, „Lichtermeer"
Claudia Märzendorfer sieht Willi Resetarits größtes Vermächtnis in seinem sozialen Engagement und gesellschaftspolitischen Aktivismus. Mit dem Sinnbild des Lichtermeers von 1993, an dem Resetarits in seiner Rolle bei SOS-Mitmensch maßgeblich beteiligt war, setzt sie seiner Haltung und hoffnungsvollen Botschaft ein Denkmal: im Verlauf von oben nach unten sich verdichtend, glitzert die Hauptfassade durch Fassadenanstrich mit beigefügtem Glitter. Die Fenster in der Fassade erinnern in diesem Kontext formal an Banner. Handschriftlich wird Resetarits mit dem Satz „THE BEST IS YET TO COME“ zitiert; Teile des grauen Schriftzuges glänzen metallisch. Die Deckenuntersicht in der Erdgeschoßzone taucht die Durchgehenden ins Lichtermeer ein. Auf dunklem Untergrund leuchten lichte Kreisflächen wie an einem Sternenhimmel. Begleitend soll eine Publikation unter Einbindung der Schüler*innen des Bildungscampus Innerfavoriten entstehen. Diese werden eingeladen, ihre Interpretation eines Lichtermeers zeichnerisch darzustellen.
Ort
Laxenburger Straße 4/4A, 1100 Wien
Galerie
Weiterführende Info
Geladenes diskursives Verfahren zur künstlerischen Gestaltung für den Gemeindebau NEU in der Laxenburger Straße 4/4A, 1100 Wien
Kooperation KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien und WIGEBA – Wiener Gemeindewohnungs Baugesellschaft m.b.H.
AUSLOBERINNEN
KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien
WIGEBA – Wiener Gemeindewohnungs Baugesellschaft m.b.H.
VERFAHRENSORGANISATION
KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien
VORPRÜFUNG
Werkraum Ingenieure ZT GmbH, Monika Trimmel
WETTBEWERBSJURY
Katharina Blaas, Kunsthistorikerin
Sonja Huber, KÖR-Jury und Leiterin Referat Bildende Kunst und Medienkunst (MA 7)
Marcus Franz, Bezirksvorsteher 10. Bezirk
Hans Werner Poschauko, Künstler
Robert Strehn, WIGEBA
SACHBEIRAT
Peter Grandits, Projektleiter
Verena Liepold, Projektleiterin
Cornelia Offergeld, KÖR Wien
Erich Reindl, Baumit
Martina Taig, KÖR Wien
Hannes Traupmann, Architekt
Monika Trimmel, Architektin