Der gut frequentierte Stefan-Weber-Park am Margaretengürtel zwischen 5. und 12. Bezirk soll als „Skulpturengürtel“ etabliert werden. Auf Initiative des Bezirks Margareten wurde daher in diesem Frühjahr ein gemeinsamer geladener Wettbewerb für eine künstlerische Gestaltung mit dem Ziel ausgelobt, den Gürtelstreifen ästhetisch aufzuwerten und diesen mit einem sichtbaren Zeichen einen speziellen Charakter zu geben. Das Bezirksthema 2020 „Engagiert Euch! Get involved!“ sollte dabei im Rahmen des Kunstprojektes einfließen.
Die fünfköpfige Jury hat sich am 21. Oktober 2020 für das Projekt der Künstlerin Toni Schmale entschieden.
Siegerentwurf: TONI SCHMALE – TANKE 24/7
„Im Entwurf von Toni Schmale landet ein peripheres Versatzstück an einer urbanen Gstetten. Sie setzt ihre „TANKE 24/7“ in den Stefan-Weber-Park, zwischen zwei umgebende Wildwiesen, und erzeugt dadurch eine Spannung zwischen Natur und Technik.
Der Treffpunkt „Tanke“ ist einer, an dem sich Menschen aller Schichten treffen. Er ist ein sichtbares Zeichen der Zusammenkunft, eine zeitgenössische Agora: die Tankstelle als ein Ort, an dem auch politische Diskussionen stattfinden können. Die Offenheit und Unabgeschlossenheit der Konstruktion laden dabei alle Menschen zur Generierung neuer Inhalte und zur Kommunikation ein.
Die durchaus provokante Skulptur wirft Fragen zur Zeitlichkeit auf. So ist unklar, ob die Tankstelle noch nicht fertiggestellt wurde, oder aber ein Relikt vergangener Zeiten ist. Möglicherweise wird auch auf eine Zukunft verwiesen, in der keine fossilen Treibstoffe mehr nötig sind.
Einerseits zeigt der Entwurf exzellentes Gespür für die Örtlichkeit als Transitort, andererseits ist es den umgebenden Wildwiesen im Stefan-Weber-Park gegenüber auch widerspenstig in seiner Materialität und Erscheinung. Dieses Widerspenstige, dieses Anarchische kann als Bezug auf den namensgebenden Stefan Weber sowie dessen Rock- und Punk-Band „Drahdiwaberl“ gelesen werden. Das bemerkenswerte Gefühl für die verwendeten Materialien und Proportionen lässt die Arbeit zwischen Monumentalität und Filigranität oszillieren und spielt so mit einer Ambivalenz zwischen Gartenpavillon und Tankstelle.“
-- Statement der Jury
„Es ist der Entwurf einer Skulptur, die die Form einer Tankstelle mit zwei abstrahierten Zapfsäulen hat.
Tankstelle ist ein Ort der Kommunikation. ein Ort Energie zu tanken. in der Dysfunktion.
meine Tankstelle ist der Rohbau und/oder die Ruine einer Tankstelle. das Gerippe einer Tanke, die nicht verkleidet ist.
es tauchen Gedanken zum Begriff der Zeit auf. befinden wir uns in der Zeit bevor die Tankstelle fertig gestellt wurde, oder Jahrzehnte nach dem die Tankstelle ihren Dienst getan hat und diese alt bekannte Form ausgedient hat. und sie mehr die Erinnerung an eine Zeit ist, nur noch ein Zeichen von etwas Vergangenem. Eine Ruine wie ein Gartenpavillon ohne Dach. die verwaiste Tanke als zeitgenössischer Gartenpavillon. die Gartenruine. Treffpunkt Tanke.
die Laubengänge, die Arkadengänge in den herrschaftlichen Gemeindehöfen des Roten Wiens. die Triumphbögen für Arbeiter*innen gebaut. das große Tor in der Tankstelle. der Laubengang der rohen Stahlkonstruktion.
Tanke will ein Treffpunkt sein. sie ist das Gegenteil von einem Monument, eher im Prozess. die offene und unabgeschlossene Konstruktion ist ihrer ursprünglichen Funktionalität beraubt. die zwei Zapfsäulen sind nur noch Form. es braucht einen neuen Inhalt.
es gibt kein Benzin oder Diesel zum Zapfen. in die Zukunft blickend, taucht auch der Begriff der Elektromobilität auf.
ich kenne diesen recht tristen Rasenstreifen aus der Perspektive der Geschwindigkeit, im Auto sitzend stadtauswärts zum Obi am Matzplatz, und stadteinwärts schleppend den Gürtel wieder hinunter. in den letzten Wochen habe ich nun das erste Mal auf einer Bank gesessen, auf den Wiesenstreifen blickend. Das dominanteste und einprägsamste war das Tosen und Donnern der Autos an diesem Ort des Stefan Weber Parks.
Ich wünschte mir Schallmauern und träumte das der Sprit einfach ausgeht, alle Autos liegen bleiben würden und die Tanke mit wilden Wiesenblumen des Wienerwaldes überwachsen wird, meine Freundinnen plötzlich auftauchen und wir ein Feierabendbier trinken.“
Toni Schmale *1980 in Hamburg (DE), lebt und arbeitet in Wien (AT)
Weitere Wettbewerbsbeiträge:
HANS SCHABUS - Verstärker
„Stefan Weber war ein kontroversieller österreichischer Musiker. Er hat mit seiner Band Drahdiwaberl von den 1970er bis in die Nuller Jahre in regelmäßigen Abständen gegen alle Regeln des guten Geschmacks und der Repräsentation gearbeitet. Damit war er in seiner drastischen Form ein Innovator der Bühnen- und Darstellungskunst. Megaphone waren ihm dabei ein oft verwendetes Werkzeug.
Das Megaphon ist ein Sprachrohr, ein Gerät zur Verständlichmachung. Als übergroße Skulptur soll sich dieses Motiv des Verstärkens auch visuell erzeugen. Der Verstärkung von Stimme wird die Verstärkung der Form beigestellt. Ein handelsübliches Megaphon wird ums 10-fache vergrößert. In der Transformation wechselt der Verstärker sein Material und vereinfacht seine geometrische Form.
Die Skulptur wird wie beiläufig auf Punktfundamenten am Rasenstück abgelegt – leicht aus der Mitte. Die umgebenden Parkbänke sorgen für die maßstäbliche Verschiebung, beziehungsweise die Verhältnissetzung.
Der Ort liegt zwischen dem Inneren und dem Äußeren Gürtel und erhält dadurch eine Brückenfunktion. Auch im übertragenen Sinne ein Umstand der Verständlichmachung zwischen den äußeren und inneren Bezirken, aber auch zwischen dem ganz individuellen Selbst und seiner Entäußerung zum Außen hin.
Der Verstärker ist in diesem Sinne ein politisches Werkzeug. Ein Aufruf.“
Hans Schabus *1970 in Watschig (AT), lebt und arbeitet in Wien (AT)
Kateřina Šedá – Ein bunter Hund / Off the Leash
"Auf den ersten Blick sieht der Stefan-Weber-Park aus wie ein Ort, den die meisten Einheimischen auf ihrem Weg woanders hin durchqueren - zu Fuß, mit dem Fahrrad, auf Rollern, Skateboards oder Inline-Skates. Er ist ein schmaler Streifen Land, der auf beiden Seiten von einer breiten und belebten Straße mit vorbeifahrenden Autos und Straßenbahnen begrenzt wird. Der Lärmpegel ist einem Ort der Ruhe und Entspannung nicht förderlich, und man fühlt sich manchmal wie auf einer Insel, umgeben von einem Ozean von Autobahnen.
Ich erfuhr, dass die häufigsten Besucher*innen des Stefan-Weber-Parks einheimische Hunde und ihre Besitzer*innen sind. Während die Menschen ihre obligatorischen täglichen Runden drehen und dazu neigen, einfach aneinander vorbeizugehen, halten ihre Hunde geduldig nicht nur an den Bäumen, Sträuchern und Bänken des Parks an, sondern auch voreinander. Und wenn sie stehen bleiben, bleiben auch ihre Besitzer*innen stehen und wenden sich einander zu.
Der Park wurde vor zwei Jahren nach Stefan Weber (1946-2018) benannt, der Kunstlehrer und Leadsänger der anarchistischen Kult-Rock-Theatergruppe Drahdiwaberl war. Im Gespräch mit seiner Tochter Monika erfuhr ich, dass Stefan Weber nicht nur ein sozial aktiver Anarchist war, dem es weder um Geld noch um Profit ging, sondern dass er auch ein liebevoller Ehemann und Vater war, ein großer Fan des Wilden Westens, ein Kunstsammler, und dass er gerne ins Kino ging.
Ich beschloss, diesen unkonventionellen Künstler durch eine Kunstinstallation an diesen Ort zu bringen, die ich nicht nur mit den häufigsten Besucher*innen des Parks, sondern auch mit seiner Familie, seinen Freund*innen, Kolleg*innen und Student*innen gestalten würde. Ziel meines Projekts ist es, in das Leben des Parks den Geist seines humorvollen, freidenkerischen Namensvetters einzuführen, der für seine unkonventionellen Aktionen und für das Aufbrechen der Grenzen konventionellen Verhaltens bekannt war. Nach dem chinesischen Horoskop wurde Stefan Weber im Jahr des Hundes geboren, und er passt perfekt zu den Merkmalen dieses Sternzeichens. Im Gegensatz zu angeleinten Hunden, die gehorsam an der Leine neben ihren Besitzer*innen herlaufen, war Stefan "von der Leine". Er vermied den ausgetretenen Pfad, und statt festgelegte Kriterien zu erfüllen, ging er immer wieder an ihre Grenzen. In gleicher Weise lässt mein Projekt die einheimischen Hunde in einer skulpturalen Installation frei laufen, in der sie alle im Himmel zu ihm aufblicken und ihm damit symbolisch Tribut zollen.
Zuerst werde ich versuchen herauszufinden, welche Hunderassen im Park am häufigsten vorkommen, und dann werde ich ihre Besitzer*innen fragen, ob sie an einem Workshop im Park teilnehmen möchten, bei dem wir mit einer eingeladenen Bildhauerin zusammenarbeiten werden, um ein lebensgroßes Modell ihrer Hunde zu schaffen. Wir werden von fünf Rassen je sechs Kopien anfertigen, um insgesamt dreißig Hundeskulpturen zu schaffen, jede in einer etwas anderen Farbe und auf eine etwas andere Art und Weise installiert. Jeder Hund in der Installation wird ein einzigartiges Schild mit einem QR-Code haben, so dass Passant*innen leicht erkennen können, wem jeder der Hunde ohne Leine gehört. Nach dem Einscannen des QR-Codes werden sie nicht nur den Namen des Hundes und grundlegende Informationen über ihn erfahren, sondern vor allem werden sie zu einer speziell erstellten Website zu Stefan Weber geführt.
Während ich versuchte, mehr über Stefan Weber herauszufinden, stellte ich fest, dass die Informationen im Internet sehr oberflächlich und unvollständig sind. Ich konnte keine einzige Website finden, die sich speziell auf ihn konzentrierte und die ein vollständiges Bild seines Lebens hätte vermitteln können. Daher möchte ich diese Lücke füllen und eine Website als wichtigen und integralen Bestandteil meiner Installation im Stefan-Weber-Park schaffen. Auf leicht verständliche Weise wird die Website sein Leben und die Beziehung der lokalen Hundebesitzer zu diesem unverwechselbaren Individuum darstellen".
Kateřina Šedá *1977 in Brno (CZ), lebt und arbeitet in Brno (CZ)
Ort
Stefan-Weber-Park, 1050 Wien
Galerie
Weiterführende Info
Einstufiger, geladener künstlerischer Realisierungswettbewerb zur künstlerischen Gestaltung im Stefan-Weber-Park in 1050 Wien
Kooperation Bezirk Margareten und KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien
AUSLOBERINNEN
Kunst im öffentlichen Raum GmbH
Bezirksvorstehung Margareten
VERFAHRENSORGANISATION
Kunst im öffentlichen Raum GmbH
VORPRÜFUNG
Werkraum Ingenieure ZT-GmbH, Monika Trimmel
WETTBEWERBSJURY (ohne Titel)
Brigitte Felderer, KÖR Jury
Martin Kohlbauer, Architekt
Peter Sandbichler, Künstler
Susanne Schaefer-Wiery, 5. Wiener Gemeindebezirk
Ursula Schwarz, MA 7
SACHBEIRAT (ohne Titel)
Astrid Böhme, 5. Wiener Gemeindebezirk
Gerhard Dully, MA 33 – Wien leuchtet
Bernd Frauenfeld, MA 28 – Straßenbau und Straßenverwaltung
Elisabeth Irschik, MA 19 – Architektur und Stadtgestaltung
Sonja Moissl, MA 37 - Baupolizei
Peter Peternell, Wiener Linien
Franz Roth, MA 46 – Verkehrssicherheit
Martin Scherer, MA 34 – Gebäudemanagement
Martin Speckmayer, Wiener Netze
Angela Stief, Kuratorin
Maximilian Strauss, MA 42 – Wiener Stadtgärten
Marianne Taferner, MA 7 - Kultur
Martina Taig, KÖR GmbH, Geschäftsführerin
Monika Trimmel, Werkraum Ingenieure ZT GmbH, Vorprüferin
Zeitraum
voraussichtlich Frühling 2021
Vermittlung - Veranstaltungen
Presse
Kooperationspartner
